Heilkräfte und Geschichten aus der Welt der Pflanzen
Weißt du, das die Bäume reden?
Ja, sie reden. Sie sprechen miteinander, und sie sprechen zu dir, wenn du zuhörst.
Aber die weißen Menschen hören nicht zu. Sie haben es nie der Mühe wert gefunden, uns Indianer anzuhören und ich fürchte, sie werden auch die anderen Stimmen in der Natur nicht hören.
Ich selber habe viel von den Bäumen erfahren: manchmal über das Wetter, manchmal über Tiere, manchmal über den großen Geist.
Tatanga Mani
(aus Karl-Heinz Raach: Weißt du das die Bäume reden. Verlag Herder, Freiburg 2007)
Die Gartenbauingenieurin Katrin Schumann zeigt in ihrem neuen Buch eine andere Art des Umgangs mit Pflanzen, der eigentlich schon sehr alt ist, uns heute jedoch neue Möglichkeiten gibt, die Heilkraft der Natur zu nutzen. Es ist die Sichtweise der Kräuterkundigen, der Weisen Frauen, der Pfarrer und Lehrer früherer Zeiten. Und es ist ein Zugang zu den Pflanzen und der Natur, wie ihn viele Naturvölker noch heute kennen.
Ein Pflanzenbuch der besonderen Art. Die Autorin kombiniert fachliches Wissen mit Intuition und tiefer Verbundenheit zu Pflanzen, die in diesem Buch in den einzelnen Kapiteln umfassend besprochen werden. Es sind Pflanzen, die fast jeder kennt und die uns in unserem täglichen Leben überall in der Natur begegnen.
Der Apfel
Der Schlüssel zum Paradies
Die Geschichte unseres Apfels reicht bis in graue Vorzeiten zurück. Seine Entwicklungsgeschichte datiert man bis in die Kreidezeit, vor 70 Millionen Jahren. In dieser Zeit sollen erste Sektionen der Gattung Malus in den subtropischen Bergtälern Südostasiens entstanden sein. Dort wo eine der ersten Hochkulturen der Menschheit zu finden ist: Mesopotamien. Auch den Garten Eden, das Paradies vermutet man in dieser Region. Jedenfalls ist hier die Wiege der Gartenkultur, die sich dann über Ägypten nach Europa ausgebreitet hat. Wenn wundert es da, dass unser Kulturapfel, der seit jeher mit der Menschheit sehr eng verbunden ist, auch dort seine Wurzeln hat. Heute noch ist der Apfel die am meisten verzehrte Frucht in den gemäßigten Klimazonen.
Die Gattung Malus mit ihren etwa 35 Wildarten gehört zur großen Familie der Rosengewächse, zu der auch noch andere Obstarten, wie Birne, Quitte und die Mispel zählen. Die Wildart, auf die unsere Kulturapfelformen zurückzuführen sind, ist Malus sieversii. Diese Art findet sich heute noch in den Gebirgshängen oberhalb von Alma Ata, der Stadt des Apfels, in Kasachstan. Daraus entwickelte sich durch Auslese und Züchtung unsere heutigen Kulturformen. Obstbau wurde schon in früherer Zeit in Ägypten, Persien und Indien betrieben und so gelangten die ersten Apfelsorten, wie vieles andere auch, über Griechenland nach Rom. Und die Römer brachten neben den Sorten und dem Wissen über den Anbau auch die Kunst des Veredelns mit über die Alpen.
Bei uns in Europa ist eine andere Wildart, der Holzapfel, Malus sylvestris, zu Hause. Obwohl sich sein Verbreitungsgebiet über ganz Europa bis hin zum Ural erstreckt und Funde aus der Jungsteinzeit belegen, dass er damals auch als Nahrungsmittel genutzt wurde, ist er nicht der Vorfahre unserer Kultursorten. Die Römer äußerten sich etwas verächtlich über diesen sauren und harten Apfel der Barbaren. Heute vermutet man, dass auch die Kelten und Germanen schon einige Sorten kannten. Nur gibt es hierüber keine Aufzeichnungen, da vieles mündlich überliefert worden ist. Doch hatte der Apfel schon damals in der Mythologie der Kelten eine große Bedeutung. Das keltische Paradies, war die Insel Avalon, das Apfelland. Es hatte seinen Namen auch deshalb, weil dort so viele Apfelbäume wuchsen. Schon seit Alters her ist der Apfel ein Symbol der Erde und der Offenbarung des weiblichen Prinzips (Laudert 1998). In fast allen Kulturen wird der Apfel seit Anbeginn der Zeit den Göttinnen der Liebe und der Fruchtbarkeit zugeordnet. Die Babylonier kannten die Göttin Ischtar, die als Apfelträgerin verehrt wurde, die Germanen Idun und die Griechen Aphrodite. Oft waren es goldene Äpfel, die zu ewiger Jugend und Erkenntnis verhalfen. Erst mit den männlich geprägten Religionen der Neuzeit änderte sich dieses Bild. Aus den kraftvollen Göttinnen wurde die sündige Eva und der Apfel die Verlockung des Bösen.
Dabei ist der Apfel, die Frucht, die die Menschen in unseren Breiten früher über den Winter brachte, der mit seinen Inhaltstoffen ein wertvoller Nahrungsbestandteil war. Was man auch an Aussprüchen erkennt wie: Jeden Tag einen Apfel und du machst den Doktor arm. Äpfel halten gesund und sind wertvolle Vitamin- und Mineralstofflieferanten. Leider vertragen heute viele Menschen keine Äpfel mehr oder leiden an Allergien. Auch hier wird wieder dem Apfel etwas in die Schuhe geschoben, was eigentlich gar nicht an ihm liegt. Wendet man sich den alten Sorten zu oder verwendet biologisches Obst, dann treten viele dieser Probleme erst gar nicht auf. Denn sie liegen nicht am Apfel an sich, sondern daran wie wir ihn behandeln, wie wir damit umgehen. Alte Apfelsorten sind Gold wert, denn diese vertragen anscheinend auch die Allergiker. Es gibt heute Meinungen, die sagen das Allergen, welches die Probleme bereitet, stammt nur aus einer Apfelsorte, nämlich der Sorte ‚Golden Delicius‘. Der Sorte, die einmal sehr weit verbreitet war, bevor das Apfelsortiment im Supermarkt auf ‚Elstar‘, ‚Jonagold‘ und ‚Braeburn‘ erweitert wurde. Doch der Nachteil an den neuen Apfelzüchtungen ist, dass viele ‚Golden Delicious‘ im Stammbaum haben, weil es sich bei dieser Sorte um einen Massenträger handelt. Und diese Eigenschaft versucht man in der Züchtung natürlich weiter zu vererben. Den alten Apfelsorten fehlt häufig dieses Gen, deshalb scheinen sie bekömmlicher zu sein.
Eine weiter Eigenschaft des Apfels ist es, bei Verletzungen oder Krankheiten Phenole zu bilden. Sie gehören zu den sekundären Pflanzenstoffen und sind praktisch das Pflaster, die Medizin der Pflanze. Sie werden aber nur gebildet, wenn die Pflanze weitgehendst natürlich wachsen darf, die Äpfel also nicht mit Pflanzenschutzmitteln behandelt wurden. Doch nicht nur der Pflanze nützen diese Phenole, auch für den Menschen sind sie lebenswichtig. Denn sie sorgen dafür, dass Krebszellen, die ständig in unserem Körper gebildet werden, auf natürliche Weise unschädlich gemacht werden. Sie gehören zur Gesundheitspolizei in unserem Körper, doch wir müssen sie über die Nahrung aufnehmen.
Der Apfel ist ein Geschenk der Natur, ein Geschenk der Sonne an Mensch und Tier. In ihm sind die Fülle und die Kraft des Sommers gespeichert, die uns über den Winter bringt. Eine Erinnerung an das Paradies, obwohl es mittlerweile Meinungen gibt, die dies anzweifeln: Es könnte sich bei der verbotenen Frucht auch um eine Quitte gehandelt haben. Schaut man sich den Apfel einmal an, wie einladend er wirkt, wie gut er schmeckt und welche Anziehungskraft er seit ewigen Zeiten auf den Menschen ausübt, dann erscheint es mir nicht besonders klug, so eine Frucht zu wählen, wenn man nicht davon essen soll. So als würde man einem Kind, eine Tafel Schokolade vor die Nase legen und ihm sagen, „davon gibt es aber nichts!“ Nein, der Apfel soll gegessen werden, das war von Anfang an seine Bestimmung. Der Apfelbaum ist ein heiliger Baum, der Baum der Erkenntnis. Und dieser Baum schenkt uns das Wissen um unserer Herkunft, das Wissen um unseren göttlichen Funken, das Wissen, dass wir alle Kinder Gottes sind. Es ist der Baum der Liebe und der Weisheit, weshalb er in allen alten Kulturen so verehrt wurde. Er hilft uns unseren eigenen Weg zu gehen, er führt uns zur Erkenntnis, welches unser Weg ist, unsere eigene Wahrheit.
Der Apfel ist eine Pflanze, eine Frucht, die heilt wie keine andere. Er hilft uns, uns wieder zu finden, zu uns selbst zu finden, bei uns selber zu bleiben. Er führt uns in die Liebe zu uns selbst, in die Selbstannahme. Und wenn wir das können, uns selber annehmen, mit all unseren „Fehlern“, dann können wir auch die anderen so sein lassen wie sie sind, dann können wir auch sie annehmen. Dann dürfen sie wachsen wie sie wollen. Dann kann jeder sein Potential, seine Gaben leben. Dann gibt es Frieden, in uns selber und im Außen, mit anderen Menschen, mit den Tieren, der Natur und Mutter Erde. Dann haben wir das Paradies! Avalon!
Der Apfel hilft uns letztendlich, unser Herz wieder zu finden und damit uns selbst. Haben wir unser Herz wieder entdeckt, dann sind wir mit der unendlichen Kraftquelle der Schöpfung verbunden, dann kann uns nichts mehr etwas anhaben. Dann sind wir geschützt, so wie der Apfel uns schützt vor Krankheiten, uns gesund hält. Dann können wir strahlen, unser Licht wieder leben. Dann sind wir wie die Sonne, eine unerschöpfliche Quelle. Kinder des Lichts! Edward Bach stellte aus dem Apfel eine Bachblüte her, die hilft sich in seiner Haut wohl zu fühlen. Die inneren Frieden bringt.